Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll um zu beschreiben, wie sich das HeiligFeminine und Weiblichkeit für mich anfühlen. Das liegt daran, dass ich es gefühlt gerade erst kennengelernt habe. Aber ich möchte es versuchen. Ich bin eine Frau, die sich bis vor kurzem noch nie als Frau gefühlt hat. Wenn unsere Mütter die WeiblichkeitsSchablone sind, die wir in uns tragen, dann hatte ich so lange kein Gefühl für meine Weiblichkeit, weil meine Mutter keine Frau ist. Sie ist anatomisch eine Frau, aber alles andere, was eine Frau ausmacht – warm, schutzgebend, reinlassend, berührbar, sinnlich, zart – all das ist sie nicht. Sie ist kalt, hart, abweisend, beschämend, hassend, vernichtend, und sie hat mich gehasst. Na ja, das ist zu optimistisch – sie hätte mich gehasst wenn sie irgendetwas gefühlt hätte. Sie hat sich selbst gehasst, und um das nicht zu fühlen, war sie zeitlebens hart und kalt wie Beton. Das ist, wie ich Frau Sein erlebt habe.
Dazu kam ein Vater, der sich auf gar nichts bezogen hat, der ungreifbar war wie Nebel, der kein Interesse an mir hatte. Damit war die Dunkelheit meines Lebens besiegelt. Meine Eltern haben beide aus ihren eigenen Gründen keinen Zugang zu Liebe, und folglich fühlte ich keinen Zusammenhang zwischen Liebe und Frau oder Mann sein.
Das hatte zur Folge, dass ich mich als Frau auf ganzer Linie verraten habe. Ich habe mir Liebe, Sinnlichkeit, Leidenschaft, Lust und alles andere, was man als Teenager entdecken kann, verwehrt. Als ich das erste Mal Sex hatte, ist es irgendwie passiert, ich weiß nicht warum und es hatte keine große Bedeutung für mich. Es hat nichts mit mir gemacht, denn da war ich bereits eine Hülle, eine hübsche Verpackung für die Leere, die meine Eltern in mir gesäht haben. Diese Leere sollte nie irgendjemand sehen. Also begann ich, zu verführen oder mich als unschuldige, folgsame Frau zu geben, was immer gebraucht wurde. Dahinter war ich sicher, nichts zu fühlen, keine Liebe, keine auf Liebe basierende Lust und Anziehung, nur das, was ich dachte, leisten zu müssen, um nicht als wertlos aufzufliegen. Auch vor mir selber. Ich hatte keine Ahnung, ob ich etwas fühle oder nicht, denn ich hatte nie gefühlt, wie es sich anfühlt, gefühlt zu werden, während ich fühle. Ich habe als Kind nichts bekommen, und was ich dann später so machte, war eine clevere, gut zusammen getrackte und kombinierte Performance, welche ich „mein Leben“ nannte.
Erst als meine letzte Beziehung zerbrach und mein Spiel wahrlich ausgespielt war, entschloss ich, mit Ionas Hilfe, zu fühlen wie es um mich als Frau wirklich stand.
Was herauskam, war ein für mich schockierender (als ich ihn fühlte) Verrat an mir selber als Frau. Ich habe mich hergegeben für den Schein einer Beziehung, wie sie mir selber als Kind vorgelebt wurde. Ich habe so vieles, wenn nicht alles, getan, um den Vorstellung anderer zu bedienen, damit ich nicht fühlen muss, dass es nicht um mich geht. Ich habe dafür heftige Demütigungen in Kauf genommen. Hauptsache nicht fühlen, wie wertlos ich mich fühle und folglich behandelt werde. Hauptsache nicht fühlen, dass ich lieben kann und dass meine Liebe mit Füßen getreten wird. Hauptsache nicht fühlen, dass ich mich nicht liebenswert genug finde, mehr zu wollen als Schein. Wirkliche, tiefe, hungrige, wilde, zarte, unsichere, aufregende, zutiefst nährende Liebe wollen. Das gab es einfach nicht in meiner Welt.
Ich lebe nicht mehr in dieser Welt. Ich habe so viel HerzensHunger mit Iona geheilt, habe mich durch so viele dunklen Tage gefühlt, bis ich wieder fühlen konnte, dass es Liebe gibt. Ich kann es nicht mehr so ganz glauben, aber ich habe früher wirklich in einer Welt gelebt, in der es sich anfühlte, als würde es keine Liebe geben. Selbst wenn jemand anderes sie fühlte, ich konnte sie nicht fühlen. Das schockiert mich am meisten, wie sehr das WerteSystem meiner Eltern, in der es keine Liebe gab, mein Leben als Frau verwüstet hat.
Heute kann ich Liebe fühlen, in mir und in der Welt, aber ich bin noch nicht ganz überzeugt, dass ich liebenswert bin. Als Mensch und als Frau. Dass meine Unschuld und Zartheit in dieser harten Welt einen berechtigten Platz haben. Dass es ok ist, auch mal nicht gleich eine Antwort oder einen Plan zu haben. Dass der emotionale Tanz, der zwischen mir und anderen Menschen entsteht, wenn ich die Struktur und den Schein außen vor lasse, wunderschön und gut ist. Dass der Ausbruch von rohen Emotionen wie Wut und Verzweiflung etwas Gutes und Kostbares ist. Ich möchte den Raum dafür erweitern, in mir und in der Welt. Schritt für Schritt, nicht dadurch, dass ich etwas tue, sondern durch alles was ich bin und schon immer war, einzigartig und kostbar.
GastBeitrag von Claudia Holler, März 2017
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