Hiermit verfasse ich meinen Nachruf zu der im letzten November ausgelaufenen HD-Facilitator-Ausbildung, welche ich wie auch meine Mit-Senior-Trainees ohne Abschluss beendet habe. Dies ist mir ein Anliegen, um sowohl die Bedeutung, die diese Ausbildung für mich hatte und hat zu verdeutlichen als auch den Schmerz und das Bedauern, dass es nicht weiterging zu bewohnen.
Zuallererst möchte ich ganz deutlich benennen, dass die Ausbildung nicht im Streit oder Krieg mit Iona auslief, sondern wir es allesamt akzeptiert haben, dass es keinen weiteren Sinn macht, die Ausbildung fortzuführen. Weiterhin möchte ich meine große Irritation darüber zum Ausdruck bringen, dass ich nicht von einem einzigen HDler auf das Auslaufen der Ausbildung angesprochen wurde. Dieses Desinteresse finde ich äußerst bedauerlich und auch schmerzhaft. Was ich zu diesem Desinteresse beitrug ist, dass ich mich aufgrund meines eigenen Prozesses eine ganze Weile sehr aus jeglicher Außenwirkung sowie jeglichem persönlichen Kontakt zurückgezogen hatte. Dies ist jedoch spätestens in den letzten Monaten zu einem Versteck geworden. Deshalb ist dieser Nachruf auch dazu gedacht, mich mit dem, was mir etwas bedeutet zu zeigen und mich bewusst sichtbar und damit verletzlich und angreifbar zu machen.
Ich möchte an dieser Stelle zunächst einen einerseits recht allgemein gehaltenen, gleichzeitig aber doch tiefen Einblick darin geben, wie sich die Dynamik unserer Ausbildungsgruppe für mich anfühlte. Zunächst möchte ich sagen, dass ich mächtig stolz auf uns bin, wie wir über fünf lange Jahre gemeinsam durch unsere jeweiligen Täler der Tränen und Berge der Freude gingen und dabei so viele berührende, liebesvolle Momente miteinander teilten. Wir hatten und haben aus meinem Empfinden einerseits eine tiefe Verbundenheit als Pionierseelen, welche die primäre Liebe auf dieser Welt verkörpern woll(t)en. Andererseits hatten wir aus unseren ungeheilten inneren Verknotungen heraus auch etliche Momente der Schein-Verbundenheit. Wir haben unsere eigenen Innenwelten gemeinsam erkundet; haben erkundet, was reale Freundschaft vielleicht sein könnte – und was nicht. Wir haben versucht, unsere Being- und Genderaspekte miteinander zu vertiefen. Und haben uns dabei mindestens genauso oft geliebt wie gehasst.
Ich empfinde aus heutiger Sicht das Ende der Ausbildung (und vorerst auch unserer Gemeinschaft als Gruppe) nicht als Scheitern. Wir haben es vielmehr gewagt, uns gegen Ende der Ausbildung all dem radikal zu stellen, was noch an Unechtem, an teilweise wirklich zum-Himmel-schreiend-schrecklich-schräg-Dunklem in unserer Gemeinschaftsbeziehung und in den jeweiligen Einzelbeziehungen war und ist. Dies hat uns vorerst radikal auseinandergehauen. Präzisierend: Wir haben (zugegebenermaßen mit einer Portion Hilfe von Iona) zugelassen, dass uns dies als Gruppe, aber auch zumeist als Freunde vorerst auseinandergehauen hat. Genau dieses Ringen um MomentStimmigkeiten, dieses Ringen um das jeweils Echteste in jedem Moment ist jedoch genau das, was für mich und meine Lebens- und Liebeskapazität das Tiefste und Nährendste ist, was ich aus all diesen Ausbildungsjahren mitgenommen habe: die Fähigkeit, auf Sicherheiten zu verzichten; die Fähigkeit, alles zu „opfern“, um das zu finden, was echt, real und unzerstörbar in mir und zwischen mir und der Welt, zwischen mir und anderen ist. Gerade für mich, der so sehr aus einem Paradigma von Leistung / Erfolg kommt, war und ist das einerseits eine besondere große Herausforderung gewesen. Gleichzeitig ist es aber genau deshalb für mich in ganz besonderem Maße bereichernd, erfüllend und nährend zu fühlen, dass das Echte niemals vergeht, dass ein vollkommenes Trashen von Schein-Verbundenheit sich so dermaßen lohnt, da sich immer, wirklich IMMER das darunter verborgene Echte zeigt – sofern es vorhanden ist. Und das Echte darunter basiert mit einer penetranten Regelmäßigkeit auf …. Liebe! Es war und ist (scheinbar) vollkommen absurd, wie ein tiefes Gefühl von innerer Ruhe und tiefer Selbstliebe in mir anfing aufzusteigen und weiterhin wächst, je mehr ich mich von äußeren Sicherheiten und Performance-Scheinverbundenheiten losgemacht habe – um damit endlich wieder MICH zu finden, so wie ICH wirklich bin. Abseits aller Hüllen, aller schillernden Selbstbilder. Abseits von Anerkennung und Leistung. Es ist ziemlich umhauend, wie toll das sein kann, wie toll es sich anfühlen kann, so viel mehr selbst zu sein. Ich habe mich mit mir selbst beschenkt und tue dies jeden Tag ein wenig mehr. Dafür, mir diesen Weg wieder gezeigt zu haben, geliebte Iona, habe ich schon längst mein Herz an Dich verloren.
Soooo…. *schwitz*
Wäre diese Liebe und Begeisterung das, was in mir als Einziges übriggeblieben wäre, so müsste ich keinen Nachruf schreiben, sondern wäre nach wie vor Senior-Trainee. Deshalb möchte ich im Folgenden noch einige weitere Aspekte beleuchten, um ein in sich stimmiges, vollständiges Bild zu zeichnen. Deshalb komme ich nochmals zum Anfang dieses Nachrufes. Zum Ende der Ausbildung. Zurück dazu, dass es sich für mich anfühlte, als ob ich mit dem Ende der Ausbildung auch den Sinn in meinem Leben verlor. Ich habe mich seitdem mit meinem beruflichen wie privaten Alltag weitgehend abgelenkt und dort auch (m)einen Sinn gefunden, eine grundlegende Sinnlosigkeit ist jedoch geblieben und immer wieder fühlbar. Die HD-Ausbildung gab mir einen Sinn, eine Richtung sowie ein Ziel – das Ziel des HD-Facilitators, welches jedoch in immer unerreichbarere Ferne rückte, je länger die Ausbildung andauerte. Bildlich gesprochen wurde der für mich noch zu erklimmende Berg vor allem deshalb immer höher, da ich immer tiefer in meinen eigenen Sumpf abstieg und deshalb der vor mir liegende Weg in seinen ganzen Ausmaßen erst richtig deutlich wurde. Gleichzeitig wurde auch deutlich, dass ich mir selbst nicht in ausreichendem Maße eine sinngebende Instanz war und bin, dass ich bis heute nicht ein ausreichend großes Maß an Selbstautorisierung sowie Selbstverantwortung habe, um mir und meinem Leben den Sinn zu geben, den die HD-Ausbildung mir stellvertretend gab.
Ich glaube, dass dies ein ganz wesentlicher Aspekt war, warum die Ausbildung nicht weiterging. HD ist schon als KlientIn äußerst anspruchsvoll im Sinne der vorausgesetzten Bereitschaft zur inneren Erkundung sowie dem nötigen Maß an Selbstverantwortung. Als Senior-Trainee geht das aus meinem Empfinden nötige Maß an Selbstverantwortung noch ein gutes Stück darüber hinaus; schließlich ist die Herausforderung, meinen eigenen Prozess in die absoluten Untiefen zu vertiefen, während ich gleichzeitig mit dem zunehmend erlernten Handwerkszeug sowie meiner zunehmenden Fühl-Kapazität andere als Co-Facilitator im Rahmen der Ausbildung begleitet habe (und in einem Fall bis heute begleite). Das ist aus meinem Empfinden gerade deshalb so herausfordernd, da man in keiner anderen mir bekannten therapeutischen Methode dem Klienten / der Klientin so fühlbar-nah ist, während gleichzeitig der eigene Prozess bzw. die eigenen Knoten in der Co-Facilitator / KlientIn-Beziehung nicht die Begleitung behindern darf. Die zusätzlichen Herausforderungen bzgl. der anderen drei Heilungspfade neben Heart Dialogue (und die Notwendigkeit, auch diese weitgehend selbst beschritten zu haben) hat Iona ja in ihrem Artikel „das Mysterium der Resonanzbegegnung“ beschrieben, welcher aus meinem Empfinden gleichzeitig ein sehr passender und sehr schöner Nachruf von ihr zur Ausbildung war.
Die fehlende Sinngebung für mein Leben ist jedoch nicht der einzige Grund, warum es in mir ein tiefes Bedauern über das Ende der Ausbildung gibt. Ich hatte mich schon sehr früh auf meiner Seelenreise verirrt und habe die längste Zeit meines Seelendaseins Wille/Macht vor Liebe gewählt (anstatt umgekehrt, was die emotiologisch richtige Reihenfolge ist). Die Chance, dies zu ändern hatte ich jederzeit. Es fühlt sich jedoch so an, als ob es für mich in diesem Leben erstmals real und greifbar ist, diese Wahl nachhaltig zu ändern. Es gab auf meiner Seelenreise immer wieder imprintartige Erfahrungen, welche in mir einen Funken Liebesangebundenheit wachgehalten haben, so auch in diesem Leben. Bisher war ich jedoch zu feige, diese Erfahrungen auch nachhaltig zu nutzen, um primär die Liebe und nicht Wille/Macht zu wählen. Ich möchte mich an dieser Stelle outen: Ich habe nun die primäre Liebe vor primärem Willen/Macht gewählt Gleichzeitig muss ich jedoch hinzufügen, dass es eben nicht „nur“ um eine Wahl geht, sondern darum, dass ich mich gleichzeitig zu dem Punkt hinheile, wo ich die Wahl für primär Wille/Macht seinerzeit getroffen hatte. Erst dann und von dort kann ich mich nachhaltig für die primäre Liebe entscheiden - mit einem aus Liebe gespeisten Willen. Dies ist meine derzeitige Herausforderung – mich (und die Außenwelt) nicht mit der wundervollen Landschaft meiner bereits geheilten Anteile zu blenden, sondern die Anteile in mir im Fokus zu halten, welche meine geänderte Wahl für die primäre Liebe noch nicht bis in ihre Tiefe durchblutet haben.
Es gab und gibt in mir den Wunsch, eine Art symbolische Wiedergutmachung für meine Verfehlungen der Vergangenheit zu leisten. Meinen Anteil daran zu leisten, dass die Liebe wieder einen fühlbareren Platz in dieser Welt erhält. Das war eine weitere, tiefe Triebkraft für mich gewesen, die HD-Ausbildung mit viel Nachdruck, Herzblut und durchaus nachhaltigen lebenspraktischen Konsequenzen zu absolvieren und HD von einem zu meinem Weltbild zu machen. Letzteres war jedoch eine weitere Herausforderung, welche sich erst mit den Ausbildungsjahren in all ihrem Ausmaß zeigte. Nenne ich HD mein Weltbild, so bin ich damit weitestgehend allein auf der Welt. Anders als der ganze Rest, ein Freak. Seltsam. Komisch. Fremd. Damit hadere ich bis heute. Deshalb ist HD bis heute nicht zu meinem Weltbild geworden zu einem Maße, wie es für einen Senior-Trainee nötig (gewesen) wäre. Bis heute flüchte ich mich noch viel zu oft in Anpassung, Rückzug und Schutz. Flüchte mich davor, fühlbar-sichtbar-erlebbar-nahbar zu sein.
An dieser Stelle kommt wiederum die Selbstautorisierung ins Spiel. Die Notwendigkeit, mich immer wieder selbst auf die Spur zu bringen, jeglichen Widerstand zu fühlen, zu vertiefen und mich durch meine eigenen Knoten zu fühlen. Nicht für Iona, nicht für die Ausbildung, nicht für die Anerkennung, nicht für die Kinder. Einfach, weil ich es für mich tun möchte. Weil ich aus einer inneren Selbstliebe heraus wieder ganz werden will bzw. mich wieder ganz selbst haben, fühlen und erleben will. Auch hier hatte ich als Senior-Trainee nicht genug Verantwortung übernommen, hatte mich in immer neue Verstecke geflüchtet und immer neue Valenzen der Selbst- und Fremdbelügung gewählt, um nicht nachhaltig vom Fleck zu kommen bei den wesentlichsten, grundlegendsten Knoten. Diese Dynamik wurde nach dem Ende der Ausbildung überdeutlich. Hatte ich während der Ausbildung durch verschiedene Umstände immer wieder die Notwendigkeit, mich nachhaltig innerlich zu strecken, um vom Fleck zu kommen, so bin ich spätestens seit Ende der Ausbildung gefordert, meinen weiteren Weg und Prozess in vollkommener Eigenverantwortung zu gestalten. Ich empfinde es als erschreckend, wie viel wichtiger mir auch nach etlichen Jahren HD-Prozessarbeit und Ausbildung an vielen Stellen noch meine Komfortzonen sind.
Hiermit komme ich abschließend zu dem Punkt, dass rückblickend an einem Ende der Ausbildung für mich nichts vorbeiführte. Allein deshalb schon nicht, weil jegliche wohlgemeinten und durchaus wohlplatzierten Tritte in den Hintern seitens Iona einfach nicht nachhaltig bei mir fruchteten, um meinen inneren Motor der Selbstautorisierung verlässlich am Laufen zu halten. Dies zu tun (oder zu lassen), habe ich nun selbst die Möglichkeit.
Was heißt das Ganze nun für mich hier-und-jetzt als Mensch in dieser Welt? Einerseits gibt es in mir ein tief gefühltes und in manchen Momenten auch außen fühlbares Sehnen nach Beziehung. Abseits der erst seit ein paar Jahren schichtweise wegfallenden Strategien, Sicherheitsmechanismen und Schutzpanzer habe ich derzeit jedoch – ehrlich gesagt – keine Ahnung, was Beziehung eigentlich ist.
Neben dem Sehnen nach Beziehung gibt es in mir jedoch weiterhin einen ganz wesentlichen Anteil, welcher an genau dieser Beziehung nicht das geringste Interesse hat. Welcher weiterhin jegliches Maß an Vertrauenswürdigkeit vermissen lässt, welcher es sich weiterhin vorbehält, Beziehung und Bedeutsamkeit in jedem Moment vollkommen eliminieren zu können. Dieser Anteil hat mir und allen anderen bisher vorgaukeln wollen, dass er das Zepter in der Hand hat. Gemäß der seeleninternen Machtverteilung hat er damit einerseits auch recht. Andererseits gibt es in mir gleichzeitig einen aus Selbstliebe gespeisten Willen, mich bis in meine Tiefen zu erkunden und zu heilen, welcher mit zunehmender Penetranz immer wieder und immer öfters in mir aufsteigt und schrittweise auch über längere Zeiten fühlbar bleibt.
Ich bin Anfänger in der Liebeswelt und habe Angst, hier nicht hinzugehören. Ich möchte aber hier hingehören. Ich bitte um die Chance, hier hingehören zu dürfen, trotz meiner Vergangenheit. Und ich behalte mir vor, diesen Wunsch in jedem Moment wieder einzukassieren und vollkommen „normal“ zu sein. Mit diesem „Mix“, gehalten in Selbstautorisierung und ohne Vollfusionierung, wünsche ich mir, Beziehung und Bedeutsamkeit zu erkunden und freue mich über jede(n), der/die diesen Wunsch mit mir teilen möchte.
Daniel
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